„Wir brauchen einander“
Barbara Bosch - Präsidentin des DRK Landesverbandes Baden-Württemberg im Interview in der neuen Ausgabe von "Rotkreuz-Aktiv" der Rotkreuz-Zeitschrift des DRK LV BW.
Das Rote Kreuz kennt Barbara Bosch seit Jahrzehnten: Als Mitarbeiterin in der Landesgeschäftsstelle und in einem Kreisverband, als Landesleiterin der Sozialarbeit und als Vizepräsidentin.
Seit Herbst 2018 ist die ehemalige Oberbürgermeisterin von Reutlingen Präsidentin des DRK-Landesverbands Baden-Württemberg – als erste Frau in diesem Amt.
Im Rotkreuz-aktiv-Interview beantwortet sie Fragen zu ihren Eindrücken und Zielen als Präsidentin, zur Rolle des DRK in der Pandemie und zu Ludwig van Beethoven.
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Frau Bosch im Interview:
Frau Bosch, nach zweieinhalb Jahren im Amt der Präsidentin: Was hat Sie am meisten beeindruckt in Ihrer bisherigen Amtszeit?
"Das sind die Menschen in unserem Roten Kreuz, immer wieder aufs Neue. Ob im Ehrenamt, ob im Hauptamt: uns eint ein großes gemeinsames Verständnis, da zu sein, wenn wir gebraucht werden. Das zeigt sich in den vielen Monaten seit Beginn der Pandemie besonders eindrücklich. Es ist großartig, was hier geleistet und oftmals binnen kurzer Zeit auf die Beine gestellt wird. Es ist die Gemeinsamkeit aus menschlicher Zuwendung, Kompetenz und Zuverlässigkeit sowie aus der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, die mich, übrigens nicht nur in Krisenzeiten, beeindruckt und selbst motiviert, mit dabei zu sein."
Sie kennen das Rote Kreuz ja schon über 40 Jahre. Was hat sich denn ganz besonders verändert seither?
"Die Professionalität hat in allen Aufgabenfeldern und auf allen Ebenen zugenommen. Auch die fachlichen sowie rechtlichen Anforderungen und die Erwartungen an uns sind gewachsen, Öffentlichkeit und Medien sind viel kritischer geworden. Der gute Wille, helfen zu wollen, ist weiterhin die notwendige Voraussetzung für unser Tun, reicht allein aber natürlich nicht aus. Die Fragen nach zeitgemäßen Strukturen, Organisationsformen und Qualitätsstandards sind inzwischen essenziell; sie haben zu sichtbaren Veränderungen geführt und werden uns dauerhaft weiter beschäftigen. Betrüblich ist, dass sich allgemein der gesellschaftliche Umgang sowohl miteinander als auch in der Demokratie teilweise verschlechtert hat. So wären Angriffe auf Einsatzkräfte im Rettungsdienst noch vor Jahren undenkbar gewesen. Dass die zunehmende Digitalisierung auf sämtliche Lebensbereiche einwirkt, erleben wir alle als große Veränderung gegenüber "früher"."
Neben den strukturellen und gesellschaftlichen Veränderungen - was zählt zu den positiven Veränderungen in unserem Verband?
"Was mich sehr freut, ist, dass Ehren- und Hauptamt vielmehr zusammengewachsen sind. Wir brauchen einander, das ist längst Konsens. Und die Kooperationen zwischen den unterschiedlichen Verbandsebenen und -gliederungen konnten deutlich verbessert werden. Denken Sie an unsere Landesschule: Sie ist inzwischen die größte DRK-Bildungseinrichtung in Deutschland und wird von beiden DRK-Landesverbänden getragen."
Und was ist gleich geblieben?
"Was bleibt, ist unser Wesenskern: die engagierten Rotkreuzlerinnen und Rotkreuzler. Sie sind der Reichtum unseres Verbandes, sie zeigen, was praktizierte Menschlichkeit bewirken kann. Sie sind das Gesicht der Rotkreuzarbeit in die Öffentlichkeit hinein, die unverändert auf unseren sieben Grundsätzen beruht. Hilfe für jeden in Not, ohne Ansehen der Person."
Was haben Sie sich denn als Präsidentin vorgenommen und was wollen Sie noch erreichen?
"Der DRK-Landesverband als Dachverband ist unter anderem verantwortlich dafür, dass die großen strategischen Linien diskutiert und die Interessen des DRK gegenüber Dritten nachdrücklich vertreten werden. Deshalb habe ich im Herbst 2019 das Präsidium und die Spitzen unserer DRK-Kreisverbände zu einer Strategieklausur eingeladen, bei der gemeinsame Ziele formuliert und anschließend in unserem Landesausschuss verabschiedet wurden. Auch ist es mir ein Anliegen, dass die Bedeutung und Vielfalt unseres DRK in Baden-Württemberg öffentlich angemessen wahrgenommen werden.
Die Umsetzung der beschlossenen strategischen Ziele hat leider durch die Corona-Pandemie etwas an Fahrt verloren, weil nun andere Aufgaben vor Ort und auf Landesebene unser aller Kräfte fordern. Die Verteilung der Finanzzuwendungen oder der Mittel aus dem Hilfsfonds an unsere Kreisverbände konnte hierbei hilfreich unterstützen. Gespräche mit Vertretern des Landes und Fraktionen im Landtag werde ich fortsetzen. Das Positionspapier beider DRK-Landesverbände zur Landtagswahl im März 2021, das erste seiner Art, fasst unsere Forderungen zusammen und hat zur Sichtbarkeit unserer Arbeit und unserer berechtigten Anliegen beigetragen. Die Verstetigung der Zusammenarbeit innerhalb unseres Verbandes bleibt eine Daueraufgabe. Die Rechtssicherheit für unsere Notfallsanitäter wurde auf den Weg gebracht, die Gleichstellung unserer Helferinnen und -helfer im Bevölkerungsschutz endlich erreicht. Was durch die Pandemie leider erheblich gelitten hat, ist der persönliche Kontakt in die Rotkreuzfamilie hinein. Das empfinde ich als Verlust und ich freue mich schon darauf, wenn eine erfolgreiche Impfstrategie gegen das Virus diese so wichtigen Begegnungen wieder erlauben wird."
Wie sehen Sie die Rolle des Roten Kreuzes in der Corona-Pandemie?
"Das DRK zeigt sich als starker Partner des Landes. Unser Engagement stellt unsere Bereitschaft, bei der Bewältigung dieser Krise zur Seite zu stehen, unsere Kompetenz und unsere Einsatzfähigkeit auch bei kurzfristigen Anforderungen nachdrücklich unter Beweis. Wir leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Aufrechterhaltung und Stärkung des Gesundheits- und Sozialwesens in Baden-Württemberg. Wir stellen fest, dass dadurch eine viel deutlichere Wahrnehmung unserer Arbeit, unserer Rolle als Hilfsgesellschaft und als Wohlfahrtsverband erreicht werden konnte. Besonders wichtig ist: Vielen Menschen mit ihren Sorgen und Nöten, ob in den Pflegeheimen oder Eltern mit ihrem Kind, in den Sozialläden oder in den Test- und Impfzentren und in der Notfallrettung konnte das Rote Kreuz ganz konkret helfen. Das erfüllt mich mit großer Dankbarkeit; darauf können wir miteinander stolz sein. Das DRK ist für viele ein Hoffnungsträger."
Was fordert das Rote Kreuz von der neuen Landesregierung?
"Ich erwarte, dass die in der Pandemie erstarkte partnerschaftliche Kooperation mit uns in die Zeit auch nach der Pandemie getragen und nachhaltig vom Land unterstützt wird. Die Krise macht deutlich, dass die Finanzierung des Bevölkerungsschutzes zu sehr vernachlässigt worden war, ganz grundsätzlich die Gesundheitspolitik wieder mehr in den Fokus gebracht werden muss. Unsere konkreten Forderungen, über alle Aufgabenbereiche hinweg, können im Positionspapier nachgelesen werden, das auch auf unserer Homepage veröffentlicht und Grundlage unserer Gespräche mit Landtagsabgeordneten ist. Nur zwei Beispiele: Das Land muss endlich die Finanzierung des Neubaus von Rettungswachen sichern, und die Landesförderung für die Integration geflüchteter Menschen muss über 2021 hinaus fortgesetzt werden."
Zum Abschluss drei Entweder-Oder-Fragen an die Person Barbara Bosch:
Berge oder See?
"Egal - vor allem hoffentlich bald wieder!"
"Tatort" oder "Wer wird Millionär"?
"Tatort - aber nicht jedes Mal mit Freude..."
Beethoven oder Bon Jovi?
"Im Radio beides, im Konzert (fehlt mir sehr!) lieber Beethoven"
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Text und Foto: Mitteilung des DRK Landesverbandes Baden-Wüttemberg vom 07.04.2021